Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom
- Aktualisiert: 07 Feb., 2025
- Dr. Michael Falahati
Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist eine chronische Multisystemerkrankung. Hauptsymptom ist die post-exertionelle Malaise (PEM), eine starke Verschlechterung nach körperlicher oder geistiger Anstrengung. Weitere Symptome umfassen anhaltende Erschöpfung, Schlafstörungen, kognitive Beeinträchtigungen, Schmerzen und erhöhte Reizempfindlichkeit.
Was sind die Hauptursachen von ME/CFS?
ME/CFS wird häufig durch schwere Virusinfektionen wie COVID-19, Epstein-Barr-Virus oder Influenza ausgelöst. Aktuelle Forschungen zeigen Störungen in mehreren Körpersystemen: Eine chronische Immunaktivierung, Veränderungen im Energiestoffwechsel der Zellen und Störungen des autonomen Nervensystems. Nach COVID-19 hat sich die Erkenntnislage deutlich erweitert. Wissenschaftler vermuten mikrovaskuläre Störungen und anhaltende Immunreaktionen als zentrale Mechanismen. Auch genetische Faktoren können die Anfälligkeit erhöhen. Frauen sind etwa dreimal häufiger betroffen als Männer, was auf hormonelle und immunologische Unterschiede zurückgeführt wird.
Welche Symptome sind typisch für ME/CFS?
Das Kardinalsymptom ist die Post-Exertionelle Malaise (PEM): eine schwere Verschlechterung aller Symptome nach Belastung, die oft erst verzögert eintritt und Tage bis Wochen anhalten kann. Betroffene leiden unter extremer Erschöpfung, die sich durch Ruhe nicht bessert, sowie unter kognitiven Einschränkungen (‚Brain Fog‘). Typisch sind auch Kreislaufprobleme beim Stehen (POTS), nicht erholsamer Schlaf, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Überempfindlichkeit gegenüber Sinnesreizen. Die Schwere kann von mild bis sehr schwer reichen, wobei etwa 25% der Patienten zeitweise oder dauerhaft bettlägerig sind.
Wie wird ME/CFS diagnostiziert?
Die Diagnose erfolgt klinisch nach den internationalen Konsenskriterien, wobei PEM als Kernsymptom vorliegen muss. Wichtig ist eine gründliche Differentialdiagnostik zum Ausschluss anderer Erkrankungen. Dazu gehören Blutuntersuchungen (inkl. Schilddrüse, Autoimmunmarker), Infektionsserologie und je nach Symptomatik weitere Untersuchungen. Neue diagnostische Ansätze umfassen spezielle Belastungstests (2-Tage-CPET) und Biomarker wie bestimmte Zytokine oder mikroRNA-Profile. Eine frühe Diagnose ist wichtig, um Verschlechterungen durch Überbelastung zu vermeiden.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für ME/CFS?
Die Behandlung basiert auf einem individuellen Symptom-Management. Zentral ist das Pacing: eine sorgfältige Aktivitätssteuerung zur Vermeidung von PEM. Medikamentös können je nach Symptomatik niedrig dosierte Medikamente gegen Schmerzen, Schlafstörungen oder POTS eingesetzt werden. Vielversprechende neue Therapieansätze zielen auf die Normalisierung des Energiestoffwechsels und die Immunregulation. Wichtig ist eine gute Betreuung durch ein erfahrenes Ärzteteam. Von Aktivitätssteigerungsprogrammen wird aufgrund der Gefahr schwerer Rückfälle ausdrücklich abgeraten.
Literatur
-
Astrid Hainzl et al. (2024).
„Care for ME/CFS – Praxisleitfaden für die Versorgung von ME/CFS-Betroffenen (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom).“
Medizinische Universität Wien/Österreichische Gesellschaft für ME/CFS. -
Kathryn Hoffmann et al. (2024).
„Interdisziplinäres, kollaboratives D-A-CH Konsensus-Statement zur Diagnostik und Behandlung von Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom.“
Wiener klinische Wochenschrift, Band 136, S. 103–123. -
Carmen Scheibenbogen et al. (2023).
„Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom: Interdisziplinär versorgen.“
Deutsches Ärzteblatt, Band 120, Nr. 20, S. A-908–A-914. -
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Hrsg.) (2023).
„Myalgische Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) – Aktueller Kenntnisstand.“
iqwig.de [PDF; 2,8 MB]. -
Carmen Scheibenbogen et al. (2023).
„Fighting Post-COVID and ME/CFS – development of curative therapies.“
Frontiers in Medicine, Band 10, S. 1194754. - Siehe auch: FibromyalgieDemenzSpinale MuskelatrophieAlzheimer-Krankheit
Disclaimer: Diese Informationen dienen ausschließlich zu Bildungszwecken und ersetzen keine professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung. Konsultieren Sie bei gesundheitlichen Fragen oder Beschwerden stets eine qualifizierte Ärztin oder einen qualifizierten Arzt. Der Autor und die Herausgeber dieser Seite übernehmen keine Haftung für etwaige Schäden, die sich aus der Verwendung der hier enthaltenen Informationen ergeben.