Phantomschmerz
- Aktualisiert: 07 Feb., 2025
- Dr. Michael Falahati
Phantomschmerz ist ein Schmerzempfinden in einer amputierten Körperregion, obwohl diese nicht mehr vorhanden ist. Betroffene können Schmerzen wie Brennen, Kribbeln oder Stechen verspüren. Diese Empfindungen entstehen durch Veränderungen im Nervensystem und sind häufig nach Amputationen von Gliedmaßen oder Organen.
Was sind die Hauptursachen von Phantomschmerzen?
Phantomschmerzen entstehen durch komplexe Veränderungen im Nervensystem nach einer Amputation und betreffen bis zu 80% der Patienten. Die Forschung zeigt zwei zentrale Mechanismen: Erstens kommt es zu einer Reorganisation im Gehirn, besonders im somatosensorischen Kortex, wo die Areale für benachbarte Körperregionen in das ‚verwaiste‘ Gebiet der amputierten Gliedmaße einwandern. Zweitens entstehen an den durchtrennten Nervenenden im Amputationsstumpf oft kleine Nervenwucherungen (Neurome), die fehlerhafte Schmerzimpulse aussenden. Zusätzlich können psychologische Faktoren wie Stress und das ‚Schmerzgedächtnis‘ die Beschwerden verstärken. Diese Erkenntnisse helfen bei der Entwicklung gezielter Therapieansätze.
Welche Symptome sind typisch für Phantomschmerzen?
Phantomschmerzen äußern sich sehr individuell und können verschiedene Qualitäten aufweisen. Häufig berichten Betroffene von brennenden oder elektrisierenden Schmerzen, einem Gefühl des Zusammenpressens oder krampfartigen Empfindungen in der nicht mehr vorhandenen Gliedmaße. Charakteristisch sind auch Wahrnehmungen wie eingeschränkte Beweglichkeit oder eine verkrampfte Stellung der Phantomgliedmaße. Die Beschwerden können sowohl dauerhaft als auch anfallsartig auftreten und werden oft durch emotionale Belastung, Kälte oder Wetterumschwünge verstärkt. Wichtig zu wissen ist, dass diese Schmerzen keine Einbildung sind, sondern auf realen neurologischen Prozessen beruhen.
Wie wird Phantomschmerz diagnostiziert und behandelt?
Die Diagnose erfolgt hauptsächlich durch ausführliche Gespräche und eine genaue Schmerzanalyse. Moderne Behandlungskonzepte setzen auf einen multimodalen Ansatz: Medikamentös kommen Antikonvulsiva wie Gabapentin oder Pregabalin zum Einsatz, ergänzt durch Antidepressiva bei Bedarf. Nicht-medikamentöse Therapien wie Spiegeltherapie, TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation) und Biofeedback zeigen gute Erfolge. Neue Ansätze umfassen auch virtuelle Realität und innovative Prothesensysteme mit sensorischem Feedback. Psychologische Unterstützung und Entspannungstechniken sind wichtige ergänzende Maßnahmen. Eine frühzeitige Behandlung verbessert die Prognose deutlich.
Welche Rolle spielt die Spiegeltherapie bei der Behandlung von Phantomschmerzen?
Die Spiegeltherapie ist eine wissenschaftlich gut untersuchte, nicht-invasive Behandlungsmethode. Dabei wird ein Spiegel zwischen die gesunde und die amputierte Seite gestellt, sodass die Spiegelung der gesunden Extremität den Eindruck einer intakten Gliedmaße auf der amputierten Seite erzeugt. Diese visuelle Rückmeldung kann die fehlerhafte Schmerzverarbeitung im Gehirn positiv beeinflussen. Regelmäßiges Training (10-15 Minuten mehrmals täglich) kann bei vielen Patienten die Schmerzen deutlich reduzieren. Die Methode ist kostengünstig, nebenwirkungsfrei und kann selbstständig zu Hause durchgeführt werden.
Literatur
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J. Halbert, M. Crotty, I. D. Cameron (2002).
„Evidence of the optimal management of acute and chronic phantom pain: a systematic review.“
Clin. J. Pain, 18(2), 84–92. -
V. S. Rachamandran, S. Blakeslee (1998).
„Phantoms in the Brain. Probing the Mysteries of the Human Mind.“
William Morrow & Co. - Siehe auch: Komplexes regionales SchmerzsyndromChronisches SchmerzsyndromCluster-KopfschmerzKarpaltunnelsyndrom
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